Liebe Leserin, lieber Leser!

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„Jetzt ist die große Gnadenzeit!“
Mit dieser Zeile beginnt ein sehr traditionelles Lied, das auch zu Aschermittwoch oft gesungen wird. Vielen ist es so vertraut, dass gar nicht mehr auffällt, was für eine ungewöhnliche Sicht auf die 40 Tage vor Ostern da eingenommen wird. Diese Sichtweise gefällt mir nämlich sehr!
Oft sprechen wir ja einfach von „Fastenzeit“; wer es genauer mag, sagt „Österliche Bußzeit“. Und irgendwie klingen beide Begriffe sehr anstrengend.
Das 300 Jahre alte Kirchenlied ist dagegen richtig erfrischend, wie eine Motivationshilfe für die heiligen 40 Tage.
Mir kommt ein Wort des heiligen Augustinus in den Sinn: „Wenn du willst, dass dein Gebet zu Gott aufsteigt, verleih ihm zwei Flügel: Fasten und Almosen geben.“ Damit spricht Augustinus die drei Dimensionen an, in denen wir als Christinnen und Christen leben – vertikal: mein Verhältnis zu Gott; horizontal: mein Verhältnis zu den Menschen in meiner Umgebung; und ganz radikal: mein Verhältnis zu mir selbst.
Wenn ich das alte Kirchenlied singe, kann ich die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern wie eine Zeit verstehen, über die Gott seine Hand hält: 40 von ihm gesegnete Tage, in denen ich mein Leben neu ausrichten kann: mein Verhältnis zu Gott, mein Verhältnis zu meinen Lieben, mein Verhältnis zu mir selbst. So vorbereitet, kann ich an Ostern dann tatsächlich das neue Leben feiern!
Herzlich,
Ihr Roland Baule
Pfarrer

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